Was einst getrennt, ist jetzt vereint! Rückblick. Vor dem Fall der Mauer lag das beschauliche Örtchen Sonnental-Ost getrennt vom Hauptteil der Stadt hinter doppelt gesicherten Zäunen. Weshalb es zur Abspaltung der einst zusammengehörenden Stadt kam, liegt schlicht in deren verwinkelter Ausrichtungsweise. Die Westseite des mit Bergen umrahmten Tales wird in Richtung Buschheide immer breiter und läuft in einer Ebene aus, der Ostteil jedoch verläuft in einer durch zwei Berge und durch den Engelsbach geteilten Enge. Um diesen hinteren Stadtteil zu erreichen, musste man eine längere Wegstrecke zurücklegen und zudem die Brücke über den an dieser Stelle extrem breiten Bach nutzen. Bei Errichtung der Grenze wurde dieser Umstand für eine klare Trennung genutzt und so fiel der Ostteil der Stadt Sonnental an die damalige DDR. Die Brücke wurde gesprengt, der Zaun hochgezogen. Nur wenige der damaligen Bewohner wollten ihr Hab und Gut im Stich lassen und blieben in ihren Häusern und Gehöften. Zudem öffnet sich auf der östlichen Seite der Stadt ebenfalls das Tal zu einer breiten Ebene, in der sich über mehrere Hektar Ackerboden erstreckt. Die beste Voraussetzung für eine Stadt im »Arbeiter- und Bauernstaat«.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich trotz oder sogar gerade wegen dieser Abgeschiedenheit eine starke Konzentration auf die Landwirtschaft. Die Bauernhöfe wurden ausgebaut und größer und weitere Bauern siedelten sich an. Im Jahr 1955 (nach Beschluss der SED vom 9. - 12. Juli 1952 / Maßnahme zur Bildung von Genossenschaften) entstand das erste große LPG-Gebäude (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) am Stadtrand von Sonnental. Zunächst erst Lagerhallen und Silos, danach weitere Gebäude für landwirtschaftliche Gerätschaften wie Mähdrescher, Traktoren und Anhänger. Das erste Gebäude trug noch den Namen LPG Sonnental, wurde jedoch wenig später in »Goldene Ähre« umbenannt. Die Namensgebung sollte ursprünglich »Goldene Aera« (goldenes Zeitalter) lauten, was aber kurzerhand von den Mitgliedern der Genossenschaft der Einfachheit halber auf »Goldene Ähre« abgeändert wurde. Man wollte mit der Namensgebung mehr auf das großflächig angebaute Getreide eingehen und ohne weitere Abschweifungen eine stärkere Verbundenheit zu Mensch und Arbeit in dieser Genossenschaft herstellen.
Das versinnbildlichende Logo entstand in nur wenigen Minuten nach ganz simplen Gesichtspunkten. Ein Zahnrad als Sinnbild für »Ineinanderverzahnen«, also das Hand-in-Hand, das Teil eines Ganzen-Sein und die beiden Ähren für das Getreide, das Urwüchsige für das naturnahe Leben auf dem Land. Viel Auswahl an Farben gab es in der DDR nicht, so begnügte man sich mit dem, was gerade zu bekommen war. Das übliche Sienagrün wurde mit weißer Farbe »gestreckt«, so hielt es länger und unterschied sich dazu noch vom Standardgrün. Das namensgebende Gold jedoch war nicht zu bekommen, dafür aber dunkelbraune Farbe, und so brachte man das Logo in Braun auf die Fahrzeuge und Gebäude auf.
Diese Art der Gestaltung brachte die Menschen in dieser abgeschiedenen Welt an der Grenze ein Stückchen näher und förderte den Zusammenhalt. Im Laufe der Jahre wurden so viele Einsatzgeräte und -Fahrzeuge in dieser Farbgebung gestaltet und sind selbst heute noch im Einsatz. Die staatliche Genossenschaft selbst löste sich zwar recht schnell nach dem Mauerfall auf, wurde aber dennoch sehr rasch durch einen Zusammenschluss der Bauern neu gegründet. Der problemlose Übergang zum westlichen Ablauf und Geschehen liegt wahrscheinlich an der direkten Nähe zum Westteil der Stadt, der nun wieder problemlos über die neue Brücke zu erreichen ist. Zudem bestanden und bestehen auch weiterhin verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Ost- und West-Bewohnern der idyllischen Stadt Sonnental, die auch nach so vielen Jahren nicht gebrochen wurden. Durch Umzug, Heirat oder sonstige Veränderungen fahren nun auch verschiedene Fahrzeuge mit dem »Goldene Ähre«-Logo, auch auf westlichem Gebiet.
Ein Teil des Fuhrparks der ehemaligen Genossenschaft ist im Museum im Ostteil der Stadt in einem einstigen LPG-Gebäude untergebracht. Die Ausstellung kann von Montag bis Freitag von 9:00 bis 17:00 Uhr besucht werden. Unter anderem ist im Museum Sonnental auch eine Ausstellung über die dort angebauten Getreidesorten zu bestaunen, in der auch längst vergessene Arten wie Einkorn und Emmer etc. noch immer auf kleiner Fläche angebaut werden.